- Vor- und Nachteile von Freelancing
- Prüfungen der Deutschen Rentenversicherung
- Alternativen zur Scheinselbstständigkeit
Thomas Kohler:
Heutiger Gast, Dr. Alexander Insam, Arbeitsrechtsexperte, Partner bei Görg.
Wir haben über das Thema Scheinselbstständigkeit gesprochen. Hallo Alexander, das freut mich zum dritten Mal. Du bist der erste Gast, den ich dreimal in der Show habe. Wir haben jetzt schon über 100 Episoden und du warst einmal in der Episode 14 und in der Episode 61 und wir hatten sogar auch noch mal deinen Bruder in der Episode 31. Das heißt, ich freue mich auf die heutige Episode, weil es ein wirklich spannendes und wichtiges Thema ist. Scheinselbstständigkeit und die Risiken, die es dazu gibt und auch den ganzen Blumenstrauß drumherum.
Vielleicht starten wir einmal dazu. Du kannst dich ja noch mal kurz vorstellen, aber ich glaube, die Hörer kennen dich schon.
Dr. Alexander Insam:
Ja, vielen Dank, Thomas. Ich freue mich sehr, wieder dabei zu sein. Das ist natürlich eine große Ehre und es zeigt andererseits, dass das Thema Arbeitsrecht und wie Menschen zusammenarbeiten doch immer wieder spannende Themen bereithält. Ich bin Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Partner bei der Kanzlei Görg in Frankfurt und darf mich seit über 20 Jahren mit Arbeits- und vergütungsrechtlichen Fragen beschäftigen, aktuell auch viel mit dem Thema ESG. Und das Thema Scheinselbstständigkeit, das wir heute besprechen, das ist natürlich auch ein ganz aktuelles Thema, vielleicht als Einführung für die Hörer, die noch nicht so oft damit zu tun hatten. Scheinselbstständigkeit ist anders als ein Arbeitsverhältnis, dass ich im Prinzip sage, ich arbeite als freier Mitarbeiter oder als Freelancer. Ich bin nicht fest angestellt, sondern im Prinzip bin ich im Wege eines Dienst- oder Werkvertrags tätig. Ich erbringe meine Dienstleistungen, kriege dafür mein Geld und der Arbeitgeber zahlt dann dementsprechend eine Rechnung und er zahlt dann eben auch keine Sozialversicherungsabgaben, keine Lohnsteuer.
Ich muss selber schauen, dass ich meine Einnahmen als Einkünfte dann aus selbstständiger Tätigkeit versteuere. Und warum ist das Modell attraktiv? Naja, es bietet für den Freelancer zwei Vorteile. Ich binde mich nicht an einen Arbeitgeber. Ich kann parallel für mehrere Firmen tätig sein, zum Beispiel, wenn ich Programmierer bin. Ich kann ein Programm 1 für die Firma A schreiben, ein Programm 2 für die Firma B, kann gleichzeitig für die arbeiten, kann auch unterschiedliche Konditionen mit denen verhandeln und kann auch natürlich zwischendurch Urlaub machen, wie ich will. Ich habe keine festgelegten Arbeitszeiten. Ich bin nicht weisungsunterworfen, sondern ich bin wirklich unabhängig und Das ist, sage ich mal, der große Reiz. Und daneben ist auch für viele die Idee dieser Unabhängigkeit.
Naja, alles was mit Sozialversicherung zu tun hat, darum kümmere ich mich auch selbst. Rentenversicherung, ich sorge privat vor. Ich zahle eben nicht automatisch mit dem Arbeitgeber in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Da kommen wir sozusagen schon zum spannenden Punkt, weil die deutsche Rentenversicherung bunt, jetzt kommen wir zum Wort Scheiße.
Thomas Kohler:
Was auch nochmal so in der Realität wichtig ist von Vorteilen, dass man als Freelancer oft vielleicht das Doppelte, sogar das Dreifache verdienen kann, wenn man jetzt das alles runterrechnet und dass man auch den Finanzstrom selber kontrolliert, wie du schon gesagt hast. Also Als Arbeitnehmer bist du ja gebunden und du kriegst das netto. Und die Frage ist, ob das alles dann gut angelegt ist oder ob das die richtigen Vorsorgemaßnahmen sind oder ob das auch die richtige Versicherungsmaßnahme ist. Du hast im Grunde genommen in gewisser Weise gar keine Wahl. Als Freelancer oder Freiberufler hat man dort auch Möglichkeiten dahingehend zu optimieren. Plus auf der Arbeitgeberseite, was ich halt oft sehe, ist, man kann halt von heute auf morgen sagen, so jetzt ist Schluss, fertig. Wenn du jetzt zum Beispiel ein ganzes Team gehen lassen möchtest von Arbeitnehmern, dann ist das ein bisschen komplizierter.
Dr. Alexander Insam :
Ja, also die Punkte, die du ansprichst, absolut. Die Flexibilität auch in Zeiten natürlich von vor Corona war ein großer Faktor, der jetzt vielleicht bei sozusagen Back to the Office auch wieder zählt, eben auch die örtliche Ungebundenheit. Bei einem Freelancer ist es ganz normal. Der ist ja nicht eingegliedert in den Betrieb, dass der von zu Hause arbeiten kann oder work from anywhere. Also da spielt es keine Rolle, wo der sitzt. Ich kriege meine Dienstleistung, ich kriege meine Software und der muss eben nicht vor Ort sein. Für den habe ich auch keine Flächen angemietet, wo ich dann sage, das ist jetzt blöd, wenn die Leute alle remote arbeiten und das Büro ist leer. Das heißt, diese große Flexibilität hat natürlich Vorteile.
Und die Krux ist nur, das was du auch eben gesagt hast, das Unternehmen ist oft sogar mehr bereit für den Filialinsatz zu zahlen, weil es sagt, naja, ich zahle ja keine Sozialversicherungsbeiträge. Dass die deutsche Rentenversicherung Bund sagt, okay, aber dann entgeht uns ja eigentlich Geld gerade für die Rentenversicherung. Und die Rente, die macht inzwischen einen ganz erheblichen Teil unseres Staatshaushalts aus. Wir haben viel mehr alte Menschen in den letzten Jahren bekommen, die natürlich vollkommen zu Recht jetzt ihre Rente bekommen. Aber da wir diesen Generationenvertrag haben, dass diejenigen, die im Beruf tätig sind, wir haben kein, wir haben ja im Prinzip nicht wie bei den Krankenkassen, dass die Rente komplett aus den Rücklagen finanziert ist, sondern sie wird immer aktuell aus dem Steueraufkommen finanziert und es ist halt wichtig, dass in die Rentenversicherung dann auch weiter eingezahlt wird.
Thomas Kohler:
Ja und ich glaube, was auch wichtig ist, das gilt eher bei Firmen, die public sind, da gelten nochmal andere Regeln. Ich glaube, dass im Reporting, im Financial Reporting, Payrollkosten weniger gern gesehen werden, als einfach Beraterausgaben oder Ausgaben für Projekte, die man flexibel abtreten kann. Also ich glaube, das ist dort auch nochmal zusätzlich ein Faktor. Ich glaube, im privaten Sektor ist es vielleicht weniger der Fall, da geht es eher wirklich die Flexibilität. Aber ich glaube, bei Firmen, die an der Börse gelistet sind und Reportingpflichten haben, hat das auch nochmal eine Bewertungsthematik, die man dort berücksichtigen kann.
Dr. Alexander Insam:
Ja, ich würde sagen, das gilt sowohl für den Bereich, da kommen wir später auch nochmal dazu in der Abgrenzung, das gilt sowohl für den Bereich, wenn ich jetzt Berater, Freiberufler mit einem Dienstvertrag bin, als auch wenn ich zum Beispiel Leiharbeitnehmer beschäftige, weil es natürlich immer ein Unterschied ist im Financial Reporting, ob ich die Leute permanent auf der eigenen Payroll habe, oder ob ich im Prinzip eher wie Sachkosten die einkaufe. Und das wird unterschiedlich gesehen und das auch unterschiedlich bewertet.
Thomas Kohler:
Ich habe dich aber jetzt vorher noch mal unterbrochen. Wo waren wir?
Dr. Alexander Insam:
Genau, wir waren gerade dabei, dass es eine Partei gibt, die das gar nicht so gut findet und das ist die deutsche Rentenversicherung Bund, weil die sagt, uns entgehen an der Stelle Einnahmen für die Rentenkasse. Das heißt, das Interesse der deutschen Rentenversicherung Bund ist eigentlich, ich möchte viele normale Arbeitsverhältnisse haben, für die die Arbeitgeber natürlich dann auch den gesetzlichen Rentenversicherungsbeitrag zahlen. So wird die Rentenkasse befüllt und so brauche ich dann nicht so viele Steuerzuschüsse aus dem Bundeshaushalt, sondern kann das schon eben aus den Rentenbeiträgen finanzieren. Und dieser Interessenkonflikt Flexibilität, Unternehmen und auch freie Mitarbeiter und Deutsche Rentenversicherung Bund, so kommen wir eigentlich auf das Thema Scheinselbstständigkeit. Die Deutsche Rentenversicherung Bund, die macht Prüfungen, eigentlich im Regelfall alle vier Jahre Betriebsprüfung, schaut sich an, wurden die Rentenversicherungsbeiträge ordnungsgemäß abgeführt und schaut sich dann aber auch in den Unternehmen an. Gibt es denn weitere Beschäftigte, die vielleicht nur feinselbstständig sind, die aber eigentlich eingegliedert sind, die auch eine E-Mail-Adresse im Unternehmen haben, die an den Team-Meetings teilnehmen, die Urlaubsvertretungen machen und so weiter. Also sind die wirklich weisungsfrei tätig oder sind die ganz normal in den Geschäftsbetrieb integriert? Das ist die spannende Frage Und wir haben sozusagen auch gesetzliche Definitionen natürlich, die aber wie immer auslegungsbedürftig sind. Und dieses Kriterium, wann bin ich weisungsabhängig beschäftigt oder nicht, Darum dreht sich das dann alles.
Und da ist auch egal, was in den Verträgen steht, weil es kommt auf die praktische Durchführung an. Und im Zweifel bin ich natürlich dann auch als Unternehmen in der Beweispflicht, wenn die Rentenversicherung sagt, nee, das sehen wir anders, dann muss ich quasi nachweisen, nee, das ist nicht so. Weil die können natürlich auch einfach einen Bescheid machen und sagen, nee, wir sehen das so, und dann muss ich erst Widerspruch einlegen und im Zweifel vor Gericht ziehen. Da gibt es ganz unterschiedliche Fälle, Das geht dann zu den Sozialgerichten. Das ist dann also nicht Arbeitsgericht, sondern Sozialgerichte, die darüber entscheiden, ob diese Sozialversicherungspflicht besteht, ob es ein sozialversicherungspflichtig Beschäftigter ist. Beschäftigter ist. Und wenn man da mal so reinguckt, allein jetzt in das letzte Jahr, was ist da so passiert, dann merkt man, oh Vorsicht, da werden auf einmal immer mehr Beschäftigungsverhältnisse angenommen und immer weniger freie Mitarbeiter geduldet. Also, fangen wir mal ganz aktuell an.
Am 24. Oktober 2024, Landessozialgericht Niedersachsen. Da ging es einen Hörfunkreporter bei einer Rundfunkanstalt. Und da hat man zum Beispiel gesagt, ja, der ist vielleicht gar kein freier Mitarbeiter, sondern der ist auch dann ganz normaler Angestellter und beschäftigt, weil der hat ja festgelegte Anfangs- und Endzeiten. Der geht auf Sendung, ne? Die Sendung findet immer zu einem bestimmten Zeitraum statt. Dann ist der ja gar nicht frei. Da kann er ja nicht einfach sagen, na ja, heute starte ich die Chart-Show mal 9 Uhr und morgen 10, sondern da gibt’s natürlich einen Plan, und an den hält er sich. Und da kommen wir natürlich direkt auch dann, wenn man sich dann im Detail mit diesen Kriterien beschäftigt, dass man sagt, grundsätzlich kann ein freier Mitarbeiter sagen, naja, Ich komme heute nicht, ich komme erst morgen.
Ich bestimme selber über meine Arbeitszeit. Du kannst mir als Arbeitgeber nicht sagen, wann ich komme. War aber bislang auch immer anerkannt, na ja gut, aber ich kann ja Absprachen treffen. Also kann ja frei aushandeln und sagen, okay, die Woche bin ich vielleicht nicht da, aber in der Woche habe ich Zeit für dich, kann ich arbeiten. Und wann verabreden wir uns denn? Es ist ja nicht verboten, zeitliche Vereinbarungen zu treffen. Das kann ich auch sagen. Das Radio sagt dann halt, ich hab folgenden Spielplan, kannst du das machen? Und wenn der dann sagt, na ja, gut, das krieg ich hin, dann hat er sich halt darauf eingelassen. Aber das kann man eben auch andersrum sehen.
Aber es zeigt, das wird enger. Dann vielleicht auch eher zum Schmunzeln, aber es ist glaube ich für viele freie Mitarbeiter inzwischen gar nicht mehr zum Schmunzeln und für die Unternehmen auch nicht, beim hessischen Landessozialgericht im Mai 2024 einen Reitverein mit einer Reitlehrerin. Und da wurde gesagt, und da ist es zum Beispiel ganz typisch, dass ich da sehr flexibel tätig bin. Ja, so. Und da wurde gesagt, na ja, also da soll der Reitverein Sozialversicherungsbeiträge für die Reitlehrerin zahlen, weil die nutzt ja die vereinseigenen Pferde und die Reithalle und hat eben keine eigenen Pferde. Also ist eine Reitlehrerin ohne eigene Pferde, kann die gar keine freie Mitarbeiterin sein. Ist die immer automatisch angestellt, weil sie quasi die Betriebsmittel Pferd und Halle nutzt. Jetzt könnte ich sagen, hat der Softwareentwickler ein eigenes Laptop? Oder nutzt er doch das Laptop der Firma?
Thomas Kohler:
Ja, oder sogar hätte gedacht, schreibt er nur den eigenen Code oder bindet er den Code, den er schreibt, auch an den Code oder an die IP von der Firma an? Weil im Grunde genommen, also etwas komplett isoliert für eine Firma als Werk zu verrichten, wenn man so will, ist ja auch nicht sehr realitätsnah.
Dr. Alexander Insam:
Ja, ja. Und das Landessozialgericht hat dann auch das Fehlen eines unternehmerischen Risikos abgestellt. Aber das unternehmerische Risiko ist normalerweise bei einem freien Mitarbeiter, das was du am Anfang gesagt hast, die Flexibilität des Unternehmens, einen Vertrag auch zu beenden, also sich von beiden Seiten lösen zu können. Und wenn ich freier Mitarbeiter bin und die Unternehmen arbeiten nicht mit mir zusammen, dann habe ich natürlich das volle unternehmerische Risiko, weil dann verdiene ich kein Geld. Wenn jetzt zusätzlich gefordert wird, naja, du musst aber irgendwie sowas wie Aufwendungen haben für eigene Betriebsmittel, Pferd, Reithalle, Tonstudio, sozusagen vielleicht nicht nur den Laptop, sondern auch eine eigene Software-Sprache. Also wie hoch, das ist immer die Frage, wie hoch stelle ich die Anforderungen? Und wann kann ich überhaupt noch als freier Mitarbeiter tätig sein? Ich erinnere mich, das ist schon einige Jahre her, Da habe ich auch mal einen Streitfall gehabt, da hatte eine Stadt einen Dirigenten aus Finnland beschäftigt. Und da hat er auch die Rentenversicherung gesagt, gegen die Stadt. Oh, wenn der bei euch an dem Orchester spielt, dann müsst ihr auch Sozialversicherungsbeiträge zahlen.
Da haben die gesagt, Moment, der ist weltweit unterwegs als Dirigent. Und da muss man natürlich auch sagen, viele Fälle landen heute auch vor dem Gericht, weil die Deutsche Rentenversicherung im Bund sagt, nein, wir haben aber dieses Interesse dran, erstmal das Geld zu kriegen, wir machen erstmal den Bescheid. Und dann kann uns das Gericht ja später sagen, dass das so nicht passt. Oder auch ein beliebtes Argument ist zu sagen, Du kannst ja ein sogenanntes Statusfeststellungsverfahren machen. Das Statusfeststellungsverfahren ist, du kannst als Unternehmen oder als freier Mitarbeiter vorher anfragen bei der Rentenversicherung Bund, ist denn die Tätigkeit, die ich ausüben möchte, ist die denn sozialversicherungspflichtig? So. Das funktioniert aber eigentlich auch nur, wenn die Ergebnisse, die da rauskommen, dann so sind, dass die relativ ergebnisoffen sind. Wenn immer rauskommt, dass gesagt wird, naja, das ist dann eine abhängige Beschäftigung, dann hat dann natürlich auch keiner Lust drauf. Deswegen, und wenn man sich jetzt eben…
Thomas Kohler:
Gibt es eigentlich auch Beispiele, wo es vielleicht eine Firma nicht nur im Einzelfall trifft, sondern in, was weiß ich, 10, 15, 20, vielleicht Hunderten Menschen?
Dr. Alexander Insam:
Ja, genau. Also das Problem, vielleicht mal auf die Kostenseite zu wechseln, ich habe zwei Probleme anschließend, wenn ich so einen Bescheid bekomme. Das erste ist, ich muss natürlich nachzahlen und die Nachzahlungspflicht gilt für mindestens mal vier Jahre. Also da geht es dann nicht darum, dass ich für die Zukunft zahle, sondern für die letzten vier Jahre. Und wenn mir Vorsatz unterstellt wird, dass jemand sagt, Mensch, ihr habt noch ein Statusfeststellungsverfahren gemacht, da kam raus, das ist eine abhängige Beschäftigung und habt ihr trotzdem versucht, das als freier Mitarbeiter zu machen, dann wäre es Vorsatz, dann gehe ich auch über die vier Jahre raus. Und das zweite ist, es kann eben auch eine Straftat sein, das Hinterziehen von Sozialversicherungsbeiträgen. Da haften dann die Geschäftsführer im Zweifel auch persönlich. Das heißt, das ist jetzt nicht nur auf der finanziellen Seite ein Problem, sondern eben auch auf der haftungsrechtlichen Seite.
Und natürlich kann ich sagen, naja gut, ich lasse es darauf ankommen und dann fange ich mir eben den Bescheid und dann versuche ich den Fall so zu bauen, dass ich am Ende gewinne. Aber es ist natürlich auch ein riesen Aufwand, auch die Anwaltskosten, die mir dann entstehen, die Unsicherheit in der in der Zeit, auch der Reputationsschaden, der dann entsteht, wenn das in die presse kommt wenn ich geschäftspartner habe damit sie ganze esg reportingpflichten wenn es dann heißt hier im im prinzip illegale beschäftigung ja das ist natürlich nicht schön ja und keiner will ja compliance widrig sich verhalten. Habe ich vielleicht öffentliche Aufträge. Und deswegen merken wir schon, dass die Unternehmen immer zurückhaltender werden, auch je mehr sich diese Rechtsprechung fortsetzt. Da gibt es jetzt noch weitere Beispiele, aber ich glaube, wir haben den Kern des Problems einmal verstanden und die Frage ist, was tue ich? Dann die Frage, wenn ich sage so. Und da muss man auch sehen, es gibt zwei Sachen, die die Unternehmen tun. Das eine ist, dass dieser Prozess, unter welchen Voraussetzungen kann ich freie Mitarbeiter beschäftigen, inzwischen sehr viel sorgfältiger geprüft wird Und dass es dann regelmäßig auch Fragebögen, Checklisten, Abstimmungsrunden gibt, nicht nur jetzt zwischen Einkauf oder Fachabteilung, sondern auch mit Einbindung von Compliance mit Personal, mit Recht. Dass natürlich dieses Risiko auch für das Unternehmen im Compliance-Management auch berücksichtigt wird.
Das zweite ist, es gibt auch Unternehmen, die sagen, nee, freie Mitarbeiter machen wir gar nicht mehr. Sondern, was ist die Alternative? Zum Beispiel Arbeitnehmerüberlassung. Bei der Arbeitnehmerüberlassung, das ist auch ein komplexes Thema, aber da habe ich das Thema Sozialversicherung nicht. Warum? Weil der Verleiher die Sozialversicherungsbeiträge zahlt. Arbeitnehmerüberlassung ist ja ein Dreiecksverhältnis, funktioniert ja so, also wenn du zum Beispiel dann jemanden einstellst, ihn zu verleihen, dann bezahlst du, Thomas, an die Deutsche Rentenversicherung Bund für denjenigen, die Sozialversicherungsbeiträge. Das heißt auch in der Betriebsprüfung, die du kriegst, sieht die Rentenversicherung oder werden Sozialversicherungsbeiträge gezahlt. In der Betriebsprüfung, die der Endleiher bekommt, kann der auch nachweisen, ja das ist ja ein Leiharbeitnehmer, der kommt von Peoplewise und da bezahlen die Sozialversicherungsbeiträge. So, da kann man dann auch nochmal prüfen, sind die in der richtigen Höhe gezahlt und so weiter.
Aber dem Gründe nach ist da erst mal dann alles in Ordnung. Das heißt die Rechtssicherheit auch für den Endleiher, wenn das eine große Firma ist und sagt, Ich habe einen Leiharbeitnehmer, ist dieses Sozialversicherungsrisiko erst mal weg. Es gibt dann andere Punkte, auf die ich achten muss. Wir haben ja ein eigenes Gesetz, das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz. Und da gibt es ganz wichtige Voraussetzungen. Zum einen ist es wichtig, dass der Verleiher sehr seriös ist. Das heißt, er braucht eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis. Die gibt es bei der Agentur für Arbeit.
Die muss man beantragen. Die kriegt man erst befristet in den ersten drei Jahren, später dann unbefristet, wenn man sich quasi bewährt als seriöser Verleiher. Und Das heißt, das Ganze hat natürlich auch im Prinzip ein öffentliches Zertifikat. Es gibt dann auch Regeln, die ich einhalten muss, viele Informationspflichten und so weiter. Das ist alles gesetzlich geregelt. Der Endleiherbetrieb schließt dann eben auch einen Vertrag. Und es ist trotzdem ein Unterschied. Das Bundesarbeitsgericht hat zwar an vielen Stellen gesagt, dass Leiharbeitnehmer im Prinzip wie die Stammbelegschaft zu behandeln sind.
Die dürfen zum Beispiel auch einen Betriebsrat mitwählen, die dürfen einen Aufsichtsrat mitwählen etc. Die sollen auch grundsätzlich die gleichen Arbeitsbedingungen kriegen. Da kann ich dann mit Tarifvertrag von abweichen. Aber ich habe trotzdem als Endleiher natürlich auch den Vorteil der Flexibilität, weil ich kann den Vertrag mit meinem Verleiher, den kann ich natürlich dann auch kündigen und sagen, ich brauche niemanden mehr. Das ist dann keine Kündigung des Arbeitsverhältnisses, weil der Verleiher ist dann verantwortlich, die Person noch bei sich zu beschäftigen. Also ich kriege die Flexibilität ohne das Sozialversicherungsrisiko. So eine andere Alternative ist natürlich auch als Unternehmen, dass ich die Leute selber befristet einstelle erstmal. So Aber dann habe ich sie wieder auf der Payroll, dann ist wieder das Financial Reporting und geht natürlich auch nicht ewig.
Thomas Kohler:
Wir haben ja das ganze Thema auch durchgespielt mit der Arbeitnehmerüberlassungslizenz jetzt. Das hat wie lange gedauert? Ein halbes Jahr, bis wir sie bekommen haben?
Dr. Alexander Insam:
Ja, wir waren schneller, weil wir natürlich zwei Phasen unterscheiden müssen. Das eine ist die Phase, die natürlich aufwendig ist, dass man erstmal viele Unterlagen besorgen muss, eben auch nachzuweisen, dass man ein gut funktionierendes Unternehmen hat, das das dann auch bewerkstelligen kann. Und dann kommt noch die Phase der Antragsbearbeitung. Wir haben unterschiedliche regionale Zuständigkeiten der Agentur für Arbeit. Egal aber, wo man ist, ob das jetzt in Nürnberg ist oder an anderen Orten, gibt es einfach Bearbeitungszeiten wie in jeder Behörde. Die Bearbeitungszeit in der Behörde ist normalerweise auch mindestens mal drei Monate, kann auch ein halbes Jahr sein, wenn man alle Antragsunterlagen zusammen hat, die Zeit davor. Dass man jetzt so ein Antragsverfahren dann in, sagen wir mal, knapp zwei Monaten schafft, das ist schon gut. Ist natürlich auch schön, wenn die Behörde dann mitspielt.
Das zeigt dann auch, dass die eingereichten Unterlagen passen. Und dass das alles gut ist. Aber damit kontrolliert natürlich auch der Staat ein Stück weit, dass nicht einfach jeder Arbeitnehmer verleiht. Weil warum gibt es eigentlich diesen ganzen Schutzzweck? Dieses ganze Gesetz ist natürlich auch dafür gedacht, dass die Unternehmen nicht einfach den Kündigungsschutz umgehen. Und einfach jetzt sagen, ich habe ganz wenig Stammbelegschaft und ich mache nur noch ganz viel Flexibilität und dann habe ich ja mein unternehmerisches Risiko minimiert. Und das ist auch die Kritik, die die Leiharbeit immer mal wieder kriegt, auch dass so Equal Pay, Equal Treatment, die Arbeitsbedingungen unterlaufen werden. Da hat aber auch das BAG in 2023 in der sogenannten Timestamp-Entscheidung nochmal entschieden, ne also unsere, also auch unser AÜG, unser Gesetz und wie wir das alles machen, auch mit den Tarifverträgen, spezielle Tarifverträge für die Zeitarbeit, das ist alles rechtmäßig, das genügt auch den EU-Anforderungen und insofern kann man das auch gut einsetzen. Ja, so muss man sich halt überlegen, was man möchte, aber es ist sicherlich so, dass auch 2025 freie Mitarbeit immer schwieriger wird, wenn ich nicht tatsächlich sehr gut nachweisen kann, dass ich für mehrere Unternehmen tätig bin, dass ich sehr unabhängig bin.
Und ansonsten, wenn ich im Schwerpunkt einen Auftraggeber habe, was natürlich auch vom Unternehmen oft gewünscht ist, dann sollte ich mal darüber nachdenken, ob nicht Zeitarbeit und Einsatz von Leiharbeitnehmern eine gute Möglichkeit sein kann.
Thomas Kohler:
Ja, also ich sehe das vor allem an Firmen, die jetzt stärker auf Compliance setzen oder die vielleicht einfach mal schnell ein Projekt gestartet haben und dann gemerkt haben, wir kommen nicht so schnell von den Freiberuflern weg. Die sind dann sehr interessiert, dass man sagt, ich hole mir zum Beispiel jetzt pplwise als Partner, weil wir eine Arbeitnehmerüberlassungslizenz haben und stellen dann gewisse Beschäftigte, bestehende oder zukünftige einfach ein und verleihen sie dann über eine Arbeitnehmerüberlassungslizenz.
Ja, Und es gibt natürlich noch einen Vorteil. Es ist so, wir sind in dieser Transformation, wir haben ja einen Paradox am Arbeitsmarkt. Wir haben das Paradoxon, dass einige Branchen jetzt sehr kämpfen in der Krise. Automobilindustrie, Automobilzulieferer etc. Da lesen wir jeden Tag in der Zeitung, dass auch natürlich Mitarbeiter abgebaut werden. Das heißt, da kommen Menschen in den Arbeitsmarkt rein. Auf der anderen Seite gibt es in anderen Branchen, Dienstleistungsbezogen, Banken, auch absoluten Mangel. Und zwar nicht nur im Vertrieb, sondern auch im Backoffice, auch im HR, im Controlling etc.
Da fehlen Menschen. Und oft ist natürlich diese Passung auch ein Problem. Das heißt, nicht jeder, der den Job verliert, passt eins zu eins auf die Stellenanforderungen einer offenen Stelle. Aber wir haben in ganz Deutschland mehr als, glaube ich, nach wie vor zwei Millionen offene Stellen. Ja, so und haben das eher das Problem der Passung. Und ich kann natürlich dann, große Frage ist die sozusagen Umrüstzeiten oder wie ich mich für einen neuen Job ertüchtige. Und auch da können natürlich Zeitarbeitsunternehmen, da kann auch PeopleWise einen Beitrag leisten, in dem ich auch vielleicht bestimmte Qualifizierungsmaßnahmen dann anbiete oder das organisiere. Und dann können die Leute das über die Zeitarbeit ausprobieren, ob das nicht doch funktioniert.
Für die Mitarbeiter hat Zeitarbeit den Vorteil, dass nicht nur die Zeit bezahlt wird vom Verleiher, in der ich verliehen werde, sondern auch time on the bench. Das ist ja das unternehmerische Risiko jeder Zeitarbeitsfirma, dass ich dann die Leute durchgehend beschäftige und da natürlich versuche so oft wie möglich zu verleihen. Aber für den Endleier, Der kann natürlich auch ein bisschen testen und kann ansonsten sagen, schick mir bitte jemand anders für die Tätigkeit. Das heißt, ich glaube auch da ist eine gewisse Flexibilität im Markt gegeben, dass Das umlernen, das anlernen, das ausprobieren neuer Tätigkeiten kann durchaus erleichtert werden. Und wir brauchen da glaube ich auch noch ein Stück weit ein flexibleres Mindset. Wir werden uns in Zukunft auch mit KI und Digitalisierung, Wir werden uns ein Stück weit von diesen traditionellen Vorstellungen entfernen müssen, dass wenn ich einen Job verlasse, ich sofort einsatzbereit für einen neuen Job bin und werden diese Anlern- und Umlernzeit, da werden wir etwas großzügiger sein müssen. Sonst wird das mit der Demografie auch nicht klappen. Wir sehen bis 2030 jedes Jahr noch mehr Menschen aus dem Arbeitsmarkt rausgehen als nachkommen.
Wir haben das Problem, dass wir unsere ganzen Regeln, Also wer das AÜG kompliziert findet, der verzweifelt an unseren Regelungen für Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen für sozusagen Nicht-EU-Mitbürger. Also jemanden außerhalb der EU, selbst von UK, hier eine Arbeitserlaubnis zu beschaffen, dauert im Zweifel viel länger und ist viel schwieriger, weil die Ausländerbehörden überlastet sind, gar nicht hinterherkommen und unsere Gesetze in dem Bereich noch komplizierter sind.
Thomas Kohler:
Ja, auf alle Fälle. Alexander, hast du noch irgendein finales, letztes Wort?
Dr. Alexander Insam:
Ja, ich würde sagen, es gibt trotzdem keinen Grund, jetzt in 2025 irgendwie den Kopf in den Sand zu stecken, sondern in jeder Krise gibt es auch viele Chancen am Arbeitsmarkt. Ich glaube, das gilt für die Unternehmen genauso wie für die Arbeitnehmer. Und ich glaube es ist immer eine gute Idee mit Unternehmen wie auch deinem zu sprechen, die einfach innovativ sind, die umtriebig sind, die schauen, wo gibt es diese Chancen und dann auch die Beweglichkeit zu haben zu sagen, okay, ich nehme mein Schicksal in die eigenen Hände und ich ergreife auch Chancen. Und ich glaube, Chancen finden und Chancen nutzen ist ein gutes Motto für 2025.
Thomas Kohler:
Danke dir!
Dr. Alexander Insam:
Danke!