- Flexibility through Employer of Record
- Challenges for the SME sector
- The future of global mobility
Thomas Kohler:
Heutiger Gast Fabian Kuhnt, Partner bei Ernst & Young.
Und als Zwischenlösung habe ich das genauso gemacht, wie du es gesagt hast. Ich habe einfach mit der österreichischen Mutter oder mit der österreichischen Gesellschaft einen deutschen Arbeitsvertrag abgeschlossen und die ersten ein, zwei Mitarbeiter darüber halt laufen lassen für ein paar Monate, bis ich gemerkt habe, das bleibt und wird größer und dann haben wir die Betriebsstätte aufgemacht und dann haben wir eine Arbeitnehmerüberlassungslizenz dahinter gesetzt und so weiter. Also das ist schon ein Aufwand, aber es ist halt dann sauber. Und wenn man dort skalieren möchte, dann glaube ich, ist das schon wichtig, oder?
Fabian Kuhnt:
Ja, es ist auf jeden Fall, ich würde sagen, es ist eine gewisse Evolution, die dann auch im Unternehmen stattfindet. Und ich glaube, das muss man dann halt auch, sag ich mal, mit Augenmaß machen. Genauso wie du sagst, muss man sich die Frage stellen, ok, welche Lösung macht jetzt in meiner momentanen Situation Sinn? Und irgendwann wachse ich vielleicht dann tatsächlich aus diesem Anfangs-Setup raus. Also das ist definitiv so und dann baue ich natürlich vielleicht nach und nach auch Substanz dann im Ausland auf, gründe Gesellschaften, gründe eine Betriebsstätte, wie auch immer. Also das ist schon der normale Weg, wie man das tatsächlich häufig sieht. Also ich habe jetzt auch viele Unternehmen, die tatsächlich gesagt haben, sie rekrutieren erstmal eine Person im Ausland, beispielsweise Frankreich mit dem Setup, Arbeitsvertrag mit der deutschen Gesellschaft. Dann kam noch ein zweiter dazu, Dann kam ein dritter und irgendwann hat man gedacht, okay, also ich glaube, das geht hier weiter. Dann bauen wir jetzt hier auch tatsächlich nochmal das richtige Setup für auf. Und das ist dann ab so einem Punkt natürlich auch wichtig, dass man da irgendwie sich drüber nachdenkt, wie man dieses richtige Setup macht. Definitiv. Aber es ist natürlich ein Weg und es ist eine Evolution. Das ist schon so, klar.
Thomas Kohler:
Guten Morgen Fabian, freut mich, dich in meiner Show zu haben. Ich freue mich auch auf das heutige Thema. Es wird nämlich eine Vogelperspektive geben und viel zu diskutieren. Aber vielleicht starten wir mal mit einer kurzen Vorstellung zu dir.
Fabian Kuhnt:
Ja, hi! Erstmal vielen Dank, dass ich heute hier sein darf. Ich freue mich sehr. Mein Name ist Fabian Kuhnt. Ich bin Partner bei EY. Ich beschäftige mich hauptsächlich mit dem Thema Arbeiten im Ausland bzw. Talentakquise aus dem Ausland. Das sind Themen, die jetzt gerade so in den letzten Jahren sehr aktuell wurden, aber jetzt natürlich in den kommenden Jahren noch aktueller werden. Ich glaube, da werden wir heute noch viel drüber zu sprechen haben.
Thomas Kohler:
Was hast du denn als Entwicklungen in den letzten fünf bis zehn Jahren gesehen? Wie hat sich denn der Arbeitsmarkt aus einer talent-efficient-perspektive, wenn man ihn global betrachtet, wie hat sich denn der entwickelt?
Fabian Kuhnt:
Ja, ich glaube, wenn man das alleine mal so betrachtet, was jetzt so passiert ist, wir hatten ja schon immer irgendwie einen gewissen Fachkräftemangel in einzelnen Bereichen. Also irgendwie Ingenieure waren immer schon ein rares Gut, Programmierer waren immer schon rar. Also daran hat sich jetzt nicht viel geändert. Es hat sich aber natürlich verschärft. Was wir natürlich dann gesehen haben, war einfach so allgemein eine riesen Umwälzung jetzt auch am Markt, was das ganze Thema der Frage angeht, wie arbeite ich eigentlich? Also wie gestalte ich meinen Arbeitsalltag? Und das ist insbesondere auch geografisch natürlich zu verstehen, weil wir müssen uns das natürlich vorstellen. Seit der Pandemie war es ja so, dass alle gemerkt haben, oh, die Büroarbeit, die kann man eigentlich auch zu Hause machen. So, daraus hat sich ja relativ viel entwickelt, wo wir heute immer noch große Herausforderungen natürlich mit haben, im Positiven natürlich, aber auch wie im Negativen. Was jetzt natürlich passiert ist, ist, dass wir jetzt zusätzlich nach der Pandemie immer stärker sehen, dass wir jetzt den geburtenstärksten Jahrgang haben, ja, die sogenannte Boomer-Generation, die jetzt in den Jahren 2024 bis 2036 in Rente geht.
Und das ist natürlich Wahnsinn, also weil der geburtenstärkste Jahrgang, das macht jetzt am Arbeitsmarkt ungefähr 30 Prozent aller Arbeitnehmer aus Und das wird natürlich Spuren hinterlassen, weil, wie schon gesagt, das ist der geburtenstärkste Jahrgang. Das bedeutet im Grunde genommen, dass gar nicht so viele nachkommen können, wie jetzt in den Ruhestand gehen. Damit man das mal so in Zahlen fassen kann, Das wird ungefähr bedeuten, dass wir jetzt 2024 schon so ein Talent Gap haben, dass 400.000 Leute den Arbeitsmarkt mehr planmäßig verlassen, als in den Arbeitsmarkt eintreten. Und da sind jetzt noch die ganzen Frühverrentungsprogramme und ähnliches, was wir momentan jetzt so am Markt sehen, noch gar nicht von erfasst. Das heißt, das wird sich schon auch noch mal ziemlich verschärfen in den kommenden Jahren. Ich glaube, der Grund, warum wir die Auswirkungen noch nicht in wirklich epischer Breite hier tatsächlich zu spüren haben, ist ganz einfach der, dass wir momentan wirklich wirtschaftlich natürlich hier in Deutschland gerade schon ein bisschen auch an der Situation zu knabbern haben. Nichtsdestotrotz Nach wie vor ist nach Spezialisten immer noch eine Nachfrage da, die einfach bedient werden muss und die ich teilweise durch deutsche Fachkräfte oder Fachkräfte in Deutschland vielmehr gar nicht mehr bedienen kann, wo ich halt automatisch ins Ausland gehen muss, dort zu rekrutieren.
Thomas Kohler:
Ich glaube, diese grob halbe Millionen an Fachkräften, die fehlen werden, das würde ja auch vor allem in Deutschland den Mittelstand betreffen, oder?
Fabian Kuhnt:
Ja, natürlich. Also da auch, der Mittelstand hat eine besondere Herausforderung dann oftmals. Ein großes internationales Unternehmen hat natürlich mehr Möglichkeiten, mehr Infrastruktur in einem globalen Rahmen. So, viele Mittelständer haben jetzt natürlich auch schon stark ins Ausland expandiert in den letzten Jahren, zumindest auch die, mit denen wir jetzt sehr viel arbeiten. Natürlich ist schon auch viel Substanz vorhanden, aber es lässt sich nicht so eins zu eins vergleichen. Ich glaube, da spielt natürlich dann auch noch mal wiederum eine Rolle, wenn ich jetzt im Mittelstand bin und ich möchte jemanden einstellen, erstens natürlich die Infrastruktur, die ich im Ausland habe, kann ich das machen? Also im Grunde genommen wird es sicherlich gehen. Die Frage unterm Strich, Spoiler Alert, kann man schon mal sagen, ist, wie viel wird es kosten? Aber am Ende des Tages, viele versuchen ja trotzdem die Leute dann auch noch nach Deutschland noch zu bekommen. Allgemein schwierig, da haben natürlich gerade mittelständische Unternehmen, die jetzt vielleicht so in den ländlicheren Gebieten sind, teilweise höhere Herausforderungen als die, die jetzt in den Szenestädten sitzen, wo es jetzt etwas einfacher ist und mehr internationales Network da ist.
Thomas Kohler:
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Also ich glaube, was auch wichtig ist, Mobility oder Global Mobility, das macht in einer gewissen Weise nur dann Sinn oder ist in einer gewissen Weise nur dann machbar, wenn es ja auch eine globale Struktur der Firma gibt. Und wenn man jetzt eine Firma nimmt, die vielleicht ein paar hundert Mitarbeiter hat, die hat ja vielleicht nicht mal die Möglichkeit, die muss das ja von neu aufbauen. Das heißt, da gibt es ja auch, glaube ich, zwei Kategorien. Einmal die Firmen und Unternehmen, die schon die Infrastruktur hätten und das eigentlich nur umsetzen müssten. Und dann gibt es aber auch noch mal Firmen, die diese Infrastruktur oder diese Möglichkeit nicht haben und die müssen sich überlegen, okay, wie kriege ich denn jetzt vielleicht durch Neueinstellungen Zugriff zu Talenten, die Jobs erfüllen können.
Fabian Kuhnt:
Genau. Ja, absolut. Also, ich sag mal, eine Option ist natürlich immer für ein mittelständisches Unternehmen beispielsweise jemanden einzustellen, der im Ausland lebt und der vielleicht auch dort leben möchte. Und wir können das ja mal ganz konkret durchspielen. Wir sagen einfach, wir haben ein deutsches Unternehmen, das sitzt hier. Und das möchte ich jetzt jemanden einstellen, der beispielsweise in der Schweiz lebt. Ja, weil Schweiz ist auch in der Regel, also in weiten Teilen deutschsprachig. Das bietet ja auch dann vielleicht im mittelständischen Unternehmen auch nochmal so ein bisschen kulturellen Kontext.
Das heißt, da will ich jetzt jemanden einstellen. So und wie kann ich das machen? Naja, ich kann dem natürlich per se jetzt einen Arbeitsvertrag mit der deutschen Firma geben. Aber da muss ich mir schon Gedanken darüber machen, welches Arbeitsrecht natürlich Anwendung findet. Weil wenn der jetzt hauptsächlich außer Schweiz arbeitet, wird es wahrscheinlich nicht das deutsche sein. Das heißt, ich muss mir wahrscheinlich überlegen, okay, wie gestalte ich jetzt den Arbeitsvertrag, dass ich halt quasi die rechtlichen Herausforderungen oder auch die Anforderungen an mich als Arbeitgeber im Ausland bedienen kann. Dafür brauche ich natürlich dann ein Arbeitsrecht da und das wird nicht der Deutsche sein, der das Final dann natürlich gestaltet. Vielleicht mit, sollte auch immer noch mal mit drauf gucken, keine Frage. Aber da brauche ich natürlich Input aus der Schweiz.
Und wenn ich das jetzt gemacht habe, dann habe ich aber trotzdem natürlich wieder noch andere Themen, die dann darum herumgehen, wie ich das Ganze umsetzen kann. Weil als Arbeitgeber habe ich natürlich Pflichten im Ausland. Also ich habe immer Pflichten dort per se, kann man mal so als Daumenriegel festhalten, wo mein Arbeitnehmer letztlich arbeitet. Und jetzt arbeitet der in der Schweiz und da muss ich mir im Grunde genommen natürlich Frage stellen, muss ich als deutsches Unternehmen jetzt in der Schweiz beispielsweise eine lokale Abrechnung machen? Die deutsche Abrechnung wird das per se natürlich nicht machen können, wenn wir Steuern oder Sozialversicherungsbeiträge in der Schweiz berechnen. Also muss ich natürlich gucken, okay, wie mache ich das? Das kann ich natürlich mit Dienstleistern machen. Da gibt es viele, die das auch umsetzen können. Wir können es natürlich auch. Am Ende des Tages ist aber die Frage, was kostet mich das? Und da gibt es halt, das steigert sich halt vom Kostenportfolio, kann sich das dann halt immer weiter hochsteigern.
Das geht dann auch so profane Sachen wie die deutsche Sozialversicherung hat natürlich eine Beitragsbemessungsgrenze. Also ab irgendeinem Einkommen ist quasi kein Beitrag mehr zu zahlen. Das haben aber nicht alle Länder und insbesondere Länder wie die Schweiz haben das nicht. Das heißt, da habe ich keine Beitragsvermessungsgrenze. Wenn ich jetzt jemanden habe, der wirklich gut verdient, dann muss ich natürlich sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmerbeiträge völlig anders kalkulieren, was natürlich auch meine Personalkosten direkt betrifft.
Thomas Kohler:
Wenn das zum Beispiel gut verdienen bedeutet in dem Sinne ab 100.000 Euro Jahresgehalt zum Beispiel oder was wäre gut?
Fabian Kuhnt:
Ja, also natürlich aus der Schweizer Perspektive wären 100.000 wahrscheinlich schon jetzt nicht so die Topverdiener, würde ich jetzt mal behaupten. Die Schweizer Preis- und Gehaltsgefüge ist ein höheres, das muss man wohl schon so sagen. Was dann natürlich aber auch wieder direkten Einfluss hat darauf, wie ich dann meine Personalkosten berechnen muss. Das ist relativ komplex und mit dem, sag ich mal, mit dem Weg, ich mach’s jetzt einfach wie hier in Deutschland so und wird’s dann nicht funktionieren. Es gibt natürlich im Umkehrschluss aber auch andere Länder, wo ich sagen kann, okay, vielleicht kann ich da jemanden einstellen, wo die Personalkosten per se vielleicht geringer wären als jetzt hier in Deutschland. Wo ich auch vielleicht bei den Sozialabgaben grundsätzlich ein günstigeres Setup habe als jetzt in der Schweiz. Schweiz wäre schon wirklich auch besonders teuer, aber es gibt auch einige, ich habe in letzter Zeit viele Anfragen, die auch tatsächlich so einige Mitarbeiter so in den osteuropäischen Ländern tatsächlich eingestellt haben, auch tatsächlich für Managementfunktionen. Und das ist dann insgesamt tatsächlich sogar so, dass man sagen kann, jetzt nur vom Setup her ist es dann gar nicht so viel teurer als in Deutschland, aber es bleibt aufwendiger als wenn ich jetzt einen reinen Mitarbeiter hier in Deutschland habe.
Thomas Kohler:
Und das ist auf alle Fälle möglich.
Fabian Kuhnt:
Weißt du, weil je mehr Mitarbeiter du hast, du hast einen in Rumänien, eine in Bulgarien und zwei in Polen beispielsweise. Die wollen halt alle irgendwie auch bedient werden. Und das ist eigentlich die wesentliche Grenze. Also bei der Einstellung im Ausland sehe ich meistens zwei wirkliche Grenzen. Natürlich gibt es ein gewisses rechtliches Setup, was ich brauche. Aber was ganz oft eigentlich wirklich bestimmt, machen wir das oder nicht, sind zum einen die Kosten und zum anderen kriege ich das überhaupt mit den Leuten, die ich hier in der HR und auch in der Steuerabteilung habe, überhaupt umgesetzt. Und das ist ganz oft der Fall, dass man da dann sagt, okay, kriege ich es umgesetzt? Nein. Brauche ich externe Dienstleister? Ja. Was kostet mich das? Oha. Ja, und dann wird es halt schwierig.
Thomas Kohler:
Ja, also was ich gesehen habe, also ich kenne diese Modelle zum Beispiel auch mit dem Employer of Record. Das Geschäftsmodell, glaube ich, ist ja richtig durch die Decke geflogen nach Covid, weil man plötzlich viel offener war, remote einzustellen. Und plötzlich gab es für ganz viele Jobs, wo man jetzt eingeschränkt war, vielleicht auf eine Location Stadt oder vielleicht Land, gab es die Möglichkeit zu einem globalen Talentpool. Zeitverschiebungen waren immer so ein Thema, dass man dort nicht zu viel Komplexität bekommt. Aber das war ja ein Triggerpunkt, wo sich der Arbeitsmarkt global mehr geöffnet hat. Das war so eine starke Wahrnehmung von mir. Jetzt geht es ja wieder ein bisschen zurück. Also zumindest mal von den Headlines hört man das.
Was die Zahlen genau sagen, kann ich jetzt nicht belegen, aber es ist rein so ein Gefühl. Was ich halt schon sehe, wenn man jetzt zum Beispiel mal in einen Markt expandiert und vielleicht den ersten Country Manager oder die ersten Vertriebspersonen on the ground benötigt, dann macht das schon mal auch kostentechnisch Sinn, so einen Employer of Record einfach mal zu nehmen und loszulegen, weil da zahlt man vielleicht 300 bis 600 Euro pro Monat an monatliche Fee on top zum Salary und kann dafür, je nachdem welcher Provider und wie gut die das machen und je nach Land, lokal compliant beschäftigen. Die Frage ist nur, ab wann explodieren dort die Kosten auch wieder Und wann muss man vielleicht eine eigene Entity ausgründen? Und die Implikationen, die das hat, auch nur mit den ganzen, was ist, wenn man Umsätze in der Region macht? Ab wann ist man dann auch vielleicht umsatzsteuerpflichtig und so weiter? Das sind ja dann alles Themen, die ziehen ja einen Rattenschwanz mit sich. Das heißt, Was mich aus deiner Perspektive interessieren würde, wenn du jetzt vielleicht einem jüngeren Unternehmen, was jetzt nicht schon eine globale Struktur hat, sondern die vielleicht erst etabliert, wie würdest du das angehen, wenn man mal einen pragmatischen Approach wählt?
Fabian Kuhnt:
Ja, das ist erstmal eine gute Frage. Zuerst einmal, vielleicht möchte ich noch ein, zwei Wörter zu dem Thema Employer of Record sagen. Der Employer of Record ist aus meiner Sicht wirklich eine Nischenlösung. Das hat rechtlich gesehen zwei Gründe. Also zum einen ist es so, dass rechtlich gilt immer der Grundsatz substance over form. Also das bedeutet im Grunde genommen, dass tatsächlich gelebte entscheidet und nicht unbedingt das, was vertraglich vereinbart ist. Das heißt, ich kann niemanden über einen Employer of Record quasi im Ausland einstellen, kann aber trotzdem hier in Deutschland unter gewissen Umständen dann damit trotzdem Arbeitsverhältnis begründet haben. Das sehen wir in ehrlicher Weise nicht seltenen Fällen.
Es wird immer damit geworben, dass es 100% rechtssicher ist. Ich finde das zutiefst irreführend, wenn ich ganz ehrlich bin, weil das ist es nicht. Also ich will nicht sagen, dass der Employer of Record nicht funktioniert. Nein, er funktioniert für manche Konstellationen. Aber der Grund, warum der Employer of Record hauptsächlich bei wirklich kleineren Unternehmen gewählt wird, ist eigentlich, weil sich die großen Unternehmen und Konzerne an diese Lösung nur sehr selten heranwagen. Also unter bestimmten Konstellationen kann das total Sinn machen, aber ich muss halt genau wissen, was geht und was nicht geht.
Thomas Kohler:
Und was würde zum Beispiel gehen und was würde zum Beispiel nicht gehen? Nur als Beispiel, wenn du eines nennen kannst.
Fabian Kuhnt:
Also ich kann mal ein Beispiel machen, was zum Beispiel jüngst hatten wir mal einen Fall mit Italien. Also dann hatten wir jemanden, der wurde über einen Employer of Record in Italien angestellt und dann hieß es jetzt vom Employer of Record, der hat dem Kunden gesagt, dass es alles 100% rechtssicher ist, alles wunderbar. So, jetzt gehen wir mal davon aus, wir haben es aus italienischer Sicht jetzt im Detail nicht durch exerziert, aber jetzt gehen wir mal davon aus, das wäre so. So, das bedeutet jetzt, okay, aus italienischer Sicht Prima. So, jetzt hat er aber auch Arbeitstage in Deutschland. Du erinnerst dich, ich habe am Anfang gesagt, grundsätzlich da, wo der Mitarbeiter arbeitet, da können auch rechtliche Verpflichtungen für den Arbeitgeber entstehen, nach dem dortigen Recht. Jetzt arbeitet er hier in Deutschland. So, und plötzlich hatten wir ein Thema mit dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, weil das findet dann Anwendung.
So am Ende des Tages irgendwann wollte man sich mal trennen. Hat gesagt nach drei Jahren. Oh ja, das ist der Business Bereich, wo die Person dazugehörte. Es ist nicht mehr rentabel. Das machen wir jetzt. Das davon verabschieden wir uns. Und ja, die Mitarbeiterin direkt hat man ja nicht im Unternehmen angestellt. Also dachte man nur, so alles in Ordnung.
So, ja, und dann kommen, das passiert immer häufiger, kommen dann halt einfach Briefe mal von Anwälten, die dann halt sagen, ja, das ist ja alles schön und gut, aber hat denn da nicht eine Arbeitnehmerüberlassung stattgefunden? Eine Arbeitnehmerüberlassung würde jetzt bedeuten, dass im Zweifelsfall vielleicht sogar ein Dienstverhältnis ohne Vertrag mit der deutschen Gesellschaft begründet wurde. So, und dann muss ich mir jetzt plötzlich die Frage stellen, ach du meine Güte, was mache ich jetzt damit? Also das ist ja dann auch ein Thema, mit dem ich durchaus umgehen muss und auch wie ich das dann händle. Dann stellt sich wieder die Frage, welches Arbeitsrecht findet denn jetzt überhaupt Anwendung und bestimmt jetzt letztlich, wenn es denn ein Dienstverhältnis ist, wie ich da jetzt rauskomme. Also das ist unglaublich kompliziert, das zu machen. Wir sehen auch ganz häufig das Thema, da wird jemand eingestellt im Ausland und dann soll er den Markt erstmal bearbeiten und irgendwann fängt er an, Sales zu machen und Verträge für ein deutsches Unternehmen zu unterzeichnen. So, was passiert? Im Steuerrecht haben wir so ein Konstrukt, das nennt sich Betriebsstätte. So, Betriebsstätte bedeutet eigentlich nur, das Unternehmen aus Deutschland macht Gewinne im Ausland. So, und jetzt möchte natürlich das Ausland auch was von diesen Gewinnen haben, denn da wird ja Geschäft im Ausland generiert.
So was macht das Ausland? Das fingiert halt so ab einem bestimmten Punkt, naja dass dort eine gewisse Substanz, eine gewisse Präsenz vorhanden ist. Ich will es jetzt mal so sehr umgangssprachlich formulieren. Und würde dann einfach sagen, naja, ihr habt ja hier fiktiv quasi schon auch eine Betriebsstätte, eine Präsenz, davon wollen wir was versteuern. So, und dann sagt das deutsche Unternehmen, ja, der ist ja gar nicht bei mir eingestellt. Und dann sagt er, was Steuerrecht, ja, das ist mir egal. So, und plötzlich muss ich dann da im Cypher-Fall auch noch einiges an Compliance abwickeln, von den Unternehmenssteuererklärungen bis zur Abrechnung. Und wiederum dann natürlich auch wieder die Frage, was bedeutet das arbeitsrechtlich, was bedeutet das sozialversicherungsrechtlich. Am Ende des Tages mag das vielleicht gar nicht so jetzt dann auf einer steuerlichen Ebene vielleicht so stark ins Gewicht fallen.
Es kann durchaus sein, dass das dann jetzt vom Ergebnis her, was die Steuerlast des Unternehmens im Ausland angeht, moderat ist. Aber der Aufwand dahinter, der ist unmenschlich. Also das kann wirklich mitunter einen riesen Rattenschwanz an Aufgaben hinter sich herziehen. Alleine das zu administrieren, das kostet Geld und macht keinen Spaß. Und was würde ich jetzt einem Unternehmen raten, wenn es quasi noch ein kleineres Unternehmen ist und es geht ins Ausland? Also ich glaube, ehrlicherweise, Ein Employer of Record ist jetzt zum einen relativ teuer, so erlebe ich das zumindest oftmals, verglichen damit, und zum anderen halt, wie ich schon sagte, ein Stück weit auch eine Nischenlösung. Ich glaube, für kleinere Unternehmen bietet es sich trotzdem an, das immer mal zu eruieren. Aber ich glaube, ich muss mir bewusst sein, worauf ich mich einlasse und was ich dort mache. Im Zweifelsfall funktioniert es sonst aber auch, wenn ich das, wie eingangs gesagt, beispielsweise mit einem deutschen Vertrag mache und die Person dann unter einem Vertrag mit der deutschen Gesellschaft im Ausland beschäftige.
Also das kann durchaus funktionieren, das kann auch gut funktionieren, das kostet aber auch was und darauf muss ich mich natürlich auch einlassen. So wird es vielleicht im Setup ein bisschen teurer sein als der Employer of Record, aber vielleicht auf lange Sicht hin die sichere und vielleicht sogar am Ende des Tages auch die günstigere Lösung, wenn ich es einmal sauber aufgesetzt habe und weiß, wie es funktioniert.
Thomas Kohler:
Auf alle Fälle Fabian, das kann ich bestätigen. Mein Geschäft ist ja, ich verleihe Recruiter und in Deutschland verleihe ich Recruiter auf Werkvertragsbasis oder über Arbeitnehmerüberlassung. Begonnen habe ich das Ganze aus Österreich heraus und begonnen habe ich dann, also ich habe auch Leute zum Beispiel in Italien oder auch in der UK, weil viele Unternehmen global zum Beispiel jetzt von Amerika nach Europa kommen, die kaufen bei mir dann auch lokalisierte Expertise ein und wenn ich jetzt zum Beispiel in Italien rekrutiere, habe ich auch einen lokalen italienischsprachigen Italiener als Rekruter, der dann mit den italienischen Kunden zum Beispiel arbeitet. Es ist einerseits wichtig, dass man Italien wirklich gut performen kann, aber auf der anderen Seite ist das ja auch so ein Thema, was du gerade angesprochen hast. Und da funktioniert zum Beispiel das Thema Employer of Record noch okay, würde ich sagen, weil das halt auch ein italienischer Vertrag ist, aber der Vertrag ist ja mit der deutschen Entity jetzt zum Beispiel. Das wäre dann auch wieder die Frage, ab wann gibt es dort vielleicht wieder irgendwo ein Thema und wie weit kann man das Ganze stretchen und wann muss man vielleicht eine Entity ausgründen? In Deutschland war es aber bei mir recht schnell klar, weil ich recht schnell einige Mitarbeiter hatte und viele Kunden, dass ich dort eine Tochtergesellschaft gründe von der österreichischen Mutter quasi und dort gesonderte Betriebsstätten dann auch habe. Und das war dann auch wesentlich günstiger, als das über einen Employer of Record zu machen. Und es bietet halt auch wieder viel, viel bessere Möglichkeiten, weil man auch den Mitarbeitern auch eine deutsche Entity und so weiter alles bieten kann. Das hat ja auch Vorteile.
Und als Zwischenlösung habe ich das genauso gemacht, wie du es gesagt hast. Ich habe einfach mit der österreichischen Mutter oder mit der österreichischen Gesellschaft einen deutschen Arbeitsvertrag abgeschlossen und die ersten ein, zwei Mitarbeiter darüber laufen lassen für ein paar Monate, bis ich gemerkt habe, das bleibt und wird größer. Und dann haben wir die Betriebsstätte aufgemacht und dann haben wir eine Arbeitnehmerüberlassungslizenz dahinter gesetzt und so weiter. Also das ist schon ein Aufwand, aber es ist halt dann sauber. Und wenn man dort skalieren möchte, dann glaube ich, ist das schon wichtig, oder?
Fabian Kuhnt:
Ja, es ist auf jeden Fall, ich würde sagen, es ist eine gewisse Evolution, die dann auch im Unternehmen stattfindet. Und ich glaube, das muss man dann halt auch, sag ich mal, mit Augenmaß machen. Genauso wie du sagst, muss man sich die Frage stellen, okay, welche Lösung macht jetzt in meiner momentanen Situation Sinn und irgendwann wachse ich vielleicht dann tatsächlich aus diesem Anfangs-Setup raus. Also das ist definitiv so und dann baue ich natürlich vielleicht nach und nach auch Substanz dann im Ausland aufgründe Gesellschaften, gründende Betriebsstätte, wie auch immer. Also das ist schon der normale Weg, wie man das tatsächlich häufig sieht. Also ich habe jetzt auch viele Unternehmen, die tatsächlich gesagt haben, sie rekrutieren erstmal eine Person im Ausland, beispielsweise Frankreich mit dem Setup Arbeitsvertrag mit der Deutschen Gesellschaft. Dann kam noch ein zweiter dazu, dann kam ein dritter und irgendwann hat man gedacht, okay, also ich glaube, das geht hier weiter. Dann bauen wir jetzt hier auch tatsächlich nochmal das richtige Setup für auf. Und das ist dann ab so einem Punkt natürlich auch wichtig, dass man da irgendwie sich darüber nachdenkt, wie man dieses richtige Setup macht. Definitiv. Aber es ist natürlich ein Weg und es ist eine Evolution. Das ist schon so, klar.
Thomas Kohler:
Auf alle Fälle. Und ich glaube, das ist ja auch toll, dass man das als Chance nutzen kann. Und natürlich kann man das aber auch als Risikofaktor oder als Einschränkung sehen, dass man sagt, ich muss innerhalb von meinem Rechtssystem mich bewegen und bleiben die ganze Zeit. Hat eine gewisse Simplizität, aber halt auch gewisse Einschränkungen und weniger Möglichkeiten perspektivisch.
In case you have any feedback or anything you want to share with me, please send me an email on thomas@pplwise.com or hit me up on LinkedIn. And in case you really enjoy the show, please subscribe. I would really appreciate it.
Wenn du jetzt zum Beispiel auf diese nächsten zehn Jahre schaust, wenn so viele Arbeitnehmer quasi aus dem System genommen werden. Was denkst du, muss denn in Deutschland passieren oder generell auch worauf müssen denn Firmen achten, die vielleicht auch stärker davon betroffen sind, das Ganze auszugleichen oder vielleicht sogar als Chance zu nutzen?
Fabian Kuhnt:
Ja, ich glaube, das ist echt eine riesengroße Frage, die auf eine riesengroße Herausforderung natürlich gestellt wird. Ich glaube, da gibt es nicht die One-Fits-All-Lösung. Also ich glaube, momentan, was ich sehe, gehe ich davon aus, dass der Trend, dass wir weiterhin Personen im Ausland einstellen, die nicht unbedingt nach Deutschland dann vielleicht kommen wollen, anhält. Also das ist auch das, was wir grundsätzlich in den Zahlen sehen, das ist auch das, was ich tatsächlich am Markt sehe und zwar durch die Bank weg. Natürlich haben wir, was wir gerade am Markt sehen, schon auch in vielen Unternehmen die Bestrebung, okay, komm wieder bitte häufiger ins Büro. Das darf man natürlich auch nicht vergessen. Aber nichtsdestotrotz, ich glaube, da sind sich alle einig. Wenn ich wirklich einen Spezialisten brauche und ich habe da wirklich ein Need dafür und der sagt jetzt aber, ich will jetzt nicht nach Deutschland kommen.
Ich habe noch kein Unternehmen ehrlicherweise erlebt, das dann gesagt hat, okay, dann machen wir es nicht. Also wenn ich den wirklich brauche, dann mache ich das. Also ich glaube, das ist so etwas, was man tatsächlich von vielen Unternehmen hört, dann wird das umgesetzt. Was brauchen Unternehmen? Ich glaube, tatsächlich diese Funktion in den Unternehmen Global Mobility, die früher quasi Mitarbeiterprojekteinsätze aller Formate auch letztlich ins Ausland begleitet hat, wird einen neuen Stellenwert bekommen, weil sie natürlich direkt an diesen Bereich Talent Acquisition jetzt auch zuarbeiten kann und halt sagen kann, mit der Erfahrung, die sie hat von Auslandseinsätzen und wie man sowas dann tatsächlich rechtlich sicher gestaltet, wird sie jetzt natürlich die HR im Bereich Recruiting sicherlich gut beraten können. Nichtsdestotrotz, das ist eine komplexe Herausforderung, dem sich die Unternehmen stellen. Und es wird, glaube ich, nach und nach darauf hinauslaufen, dass man sich, was die Recruiting-Strategie angeht, schon auch die Frage stellen muss, okay, stärker zu eruieren, wo kann ich die Talente finden, die ich brauche. Ich mache mal ein Beispiel, ich habe vor ein paar Monaten, das ist jetzt tatsächlich schon ein bisschen her, hatten wir mal ein Unternehmen und Das war mittelständisches Unternehmen im IT-Sektor und das brauchte jetzt zwingend DevOp-Programmierer. Und jetzt war natürlich die Frage, der deutsche Markt, der hat das nicht hergegeben.
Da war nichts mehr zu holen. Und wo kriege ich die jetzt her? Und dann haben sie halt quasi überlegt, okay, was sie jetzt vermeiden wollten, waren halt so ein Flickenteppich. Ich stelle einen in Rumänien ein, ich stelle einen irgendwie in Griechenland ein, ich stelle einen in Spanien ein. Das war jetzt nicht so gewünscht, weil man schon wusste, okay, das geht mit einem hohen Aufwand einher. Also hat man halt tatsächlich versucht, mal eine Studie zu machen, wo wir versucht haben zu schauen, okay, wo gibt es diese Fachkräfte vielleicht noch in einem höheren Rahmen, ja, und was würde das dann am Ende kosten, wenn ich dort jetzt als kleines deutsches Unternehmen in Anführungszeichen in den Arbeitsmarkt eintrete? Weil das ist ja nicht nur die rechtlichen Kosten. Du musst ja auch überlegen, wie hoch wäre in so einem Bereich beispielsweise die Retention Rate, die man so überhaupt erwarten könnte, wenn es gut läuft. Und dann auch wieder die Frage Employer Branding, also welche, welche großen Unternehmen oder welche Platz Hirsche sind da quasi am Markt schon aktiv? Habe ich überhaupt die Möglichkeit, mich dort durchzusetzen? Und das war schon tatsächlich eine große Herausforderung. Am Ende des Tages glaube ich, dass man sich schon darauf einrichten muss, dass die Personalkosten steigen werden und dass ich irgendwie zumindest aber die Spezialisten im Unternehmen habe oder die guten Berater letztlich an der Hand habe, die mich da irgendwie mit durchgeiden, wenn ich diese Fälle habe, dass ich das richtig aufsetze.
Und ich glaube, diese Struktur, die brauche ich. Ich glaube, dass tatsächlich auch viele mittelständische Unternehmen, die jetzt vielleicht noch nicht so die Experten für Mobility haben, sich nach und nach dahin entwickeln werden, einfach aus der Natur der Sache heraus, gewisses Wissen dazu anzueignen. Und ich denke, das wird sich auch immer weiter verstärken.
Thomas Kohler:
Ja, danke dir Fabian. Das war sehr einblicksreich. Hast du noch irgendeinen finalen Leitsatz, den du mitgeben möchtest, wenn es um Global Mobility geht?
Fabian Kuhnt:
Ich glaube, ehrlicherweise einen finalen Leitsatz in dem Sinne nicht. Ich glaube, die Entwicklung lässt sich, glaube ich, tatsächlich ganz gut zusammenfassen in einem Satz, den ich immer ganz gerne sage. Früher hat Mobility hauptsächlich Menschen mobil gemacht. Und heute und in Zukunft wird Mobility nicht nur Menschen, sondern auch Jobs mobil machen. Und ich glaube, das ist die große Herausforderung, vor der Global Mobility steht, vor der Unternehmen stehen. Und ich glaube, dass es aber auch immer Möglichkeiten gibt, das umzusetzen. Man muss sie halt nur kennen, man muss sie finden und man muss sie umsetzen können.
Thomas Kohler:
Danke dir, hat mir sehr viel Spaß gemacht und danke für deine Zeit.
Fabian Kuhnt:
Sehr gerne, danke dir.