- Labour market 2025: Short-term relaxation or long-term challenges?
- Political influences on the labour market: migration and the influx of skilled workers
- Structural change in key industries: Automotive and chemicals under pressure
Thomas Kohler:
Heutiger Gast Björn Kastl, CPO of Mytheresa.
Und wenn du jetzt in die Zukunft schaust, wie denkst du, wird sich jetzt der Arbeitsmarkt entwickeln in den nächsten zwei Jahren bis 2026, 2027?
Björn Kastl:
Quantitativ gesehen werden wir in den nächsten Monaten, im nächsten Jahr, vielleicht auch noch in den darauffolgenden Jahren eine Zunahme an freien Mitarbeitenden feststellen, bedingt durch den schon angesprochenen Strukturwandel. Das ist eine reine quantitative Zahl. Das heißt, Ich bin der festen Überzeugung, dass die meisten der angesprochenen Industrien, insbesondere Automobilbranche und Chemiebranche, eher Mitarbeitende freisetzen werden, die dann auf den Markt kommen. Dementsprechend stellt sich auch da wieder quantitativ erstmal eine kleine Entspannung auf dem Arbeitsmarkt da. Jetzt kennen wir alle die wirtschaftlichen Ups und Downs. Insofern, irgendwann werden wir auch wieder in ein Abkommen, da bin ich der festen Überzeugung. Und Dann werden wir aber in eine volle Herausforderung reinlaufen, weil wir die vormals vorhandenen Arbeitskräfte wieder voll einsetzen werden. Aber davon werden es nur noch wenige geben aufgrund des demografischen Wandels.
Und vorhin auch schon angesprochen, die Frage ja auch noch offen bleibt, inwiefern wir auch weiterhin noch in der Lage sein werden, wie errechnet, 400.000 Menschen zu begeistern, ins Land zu ziehen jedes Jahr als Netto-Zuzug. Ob uns das gelingen wird, vor dem politischen Hintergrund, bleibt abzuwarten. Aber insofern zusammengefasst, kurze Entspannung, quantitativ auf dem Arbeitsmarkt im Jahr 2025, vielleicht noch im Jahr 2026. Im Jahr 2027 fortwährend werden wir ein richtiges Problem vor uns wiederfinden, weil wir dann das, was wir nach der Corona-Krise schon mal gesehen haben, nämlich dieses urdemografische Wandel, ist ja dann doch nicht nur ein wissenschaftlicher Artikel, sondern auch Praxis, werden wir dann noch viel mehr sehen.
Thomas Kohler:
Björn und ich haben uns über die Arbeitsmarktsituation unterhalten, über politische Themen, die auch Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben und Unterschiede zwischen Deutschland-Österreich, Deutschland-USA. Hört rein!
Hi, Björn. Wir haben uns auf der Zugfahrt von Köln nach München wieder getroffen und uns noch ein bisschen unterhalten. Die amerikanische Nationalbank hat ja herausgegeben, dass sie nicht wollen, dass der Arbeitsmarkt weiter abkühlt und dass auch die Zinsen jetzt schon wieder gesenkt worden sind. Nun haben wir uns darüber unterhalten, was das auch für den Arbeitsmarkt bedeutet und wie wir das gerade merken. Jetzt sind wir im September bzw. Oktober. Wie merkst du die Veränderung, die wieder stattfinden soll, dass die Wirtschaft wieder angekoppelt werden soll.
Björn Kastl:
Ja, zunächst schön, noch mal bei dir zu sein, lieber Thomas. Zu deiner Frage. Ich glaube, auf dem Arbeitsmarkt bildet sich gerade ein sehr interessantes Bild wieder. Das eine ist, wir stellen fest, ich glaube, das können wir alle feststellen, dass die Nachrichten im Sinne von Personalabbau in manchen Industrien gerade zunimmt. Da ist in Deutschland, wie wir alle wissen, insbesondere die Automobilindustrie betroffen, sind aber auch ein paar andere Branchen betroffen. Wir haben in der Vergangenheit festgestellt, dass wir natürlich mit der ersten Welle, die sich im IT-Bereich abgespielt hat, einen gewissen Vorteil gespürt haben. Also Vorteil im Sinne dessen, dass der Arbeitsmarkt dann nicht mehr ganz so hart umkämpft war, als er es zuvor war. Also dementsprechend waren dann mehr Fachkräfte im IT-Bereich verfügbar.
Die Frage ist natürlich immer die Qualität. Masse bedeutet ja nicht immer sofort auch, dass die Qualität eine andere wird. Aber das ist so das, was wir gemerkt haben. Also wir haben mehr, einen höheren Zulauf an Bewerbungen im sogenannten Digital-Bereich bekommen. Da fällt es uns nicht mehr ganz so schwer, die offenen Stellen zu besetzen. Das ist immer noch eine Herausforderung, aber es ist nicht mehr ganz so schwer. Interessant bleibt weiterhin aus meiner Sicht der Bereich, den wir auch bei uns im Unternehmen bedienen, nämlich der Bereich der ungelernten Mitarbeiter, bei dem man sich ja erstmal vorstellen könnte, oder kann es ja eigentlich gar nicht genügend geben, aber das ist auch nicht ganz wahr. Wir beschäftigen bei uns Mitarbeiter aus 120 Nationen in der Logistik, die bei uns einen Großteil der Mitarbeitenden ausmacht, sind das in allererster Linie ungelernte Mitarbeitende.
Und da bleibt der Arbeitsmarkt weiterhin angespannt. Interessant wird sicherlich werden, dass wir, wo ich jetzt gerade auch über die Internationalität spreche, dass wir ja auch in Europa feststellen, wir durchaus gerade auch politische Neigungen haben, die in eine Richtung gehen könnten, was ein Risiko wäre, dass für Mitarbeiter aus dem Ausland einige Regionen nicht mehr ganz interessant werden. Also dementsprechend ist ganz viel los. Naja, also wir hatten ja jetzt gerade, also du bist ja Österreicher, wir hatten ja jetzt gerade Parlamentswahl in Österreich mit einem Ausgang, der aus meiner Sicht einigermaßen bedenklich ist, mit einer Partei, die ja eher eine Abschottung vornimmt, was das Thema der Globalisierung, aber auch des internationalen Zuzugs anbelangt.
Thomas Kohler:
Die FPÖ, so analog zur AfD.
Björn Kastl:
Korrekt. Und dasselbe hatten wir jetzt ja in Deutschland mit den Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen, auch mit bedenklichen Ausgängen. Das könnte natürlich zu Herausforderungen führen, wenn wir abwarten müssen, was das wirklich im Day-to-Day dann auch bedeutet.
Thomas Kohler:
Und du hast vorhin noch mal erwähnt, dass, also im Gespräch im Zug, dass sich das auch auf die ganze Employee Experience auswirkt, dass sich der Arbeitsmarkt verändert hat. Wie wirkt sich denn das auf eine Employee Experience aus?
Björn Kastl:
Naja, also was in der Vergangenheit passiert ist, ist, dass wir einen durchaus sehr sichtbaren und in weiten Teilen auch herausfordernden Arbeitnehmermarkt hatten, sprich für die vorhandenen Stellen nicht genügend Arbeitnehmer vorhanden waren, was dazu geführt hat, dass die Kraft auf der Arbeitnehmerseite natürlich eine weiteres höhere war als auf der Arbeitgeberseite. Jetzt haben wir gerade die Situation und ich glaube, das ist zu beobachten, dass nach meinem Dafürhalten und nach meiner Beobachtung einige Unternehmen, zu denen wir nicht gehören, aber einige Unternehmen, zu denen die Idee gerade entwickeln, na ja, vielleicht brauchen wir da auch dann jetzt zukünftig nicht mehr so viel im Sinne einer Employee Experience zu machen. Und Employee Experience schließt ja eine ganze Menge Aspekte, nicht nur des Employee Lifecycles ein, aber es ist ja die Fragestellung, wie man in Einklang bringt, die Interessen von der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerseite und letztlich eine Welt schafft, eine Experience herstellt, die dazu führt, dass Mitarbeitende sich wohlfühlen, lange im Unternehmen bleiben, die Retention dementsprechend ist. Und da ist zu befürchten, dass einige Unternehmen jetzt gerade die Idee entwickeln, da nicht mehr ganz so viel zu investieren.
Thomas Kohler:
Weil quasi der Arbeitsmarkt jetzt gerade noch nicht so auf Hochtouren angekurbelt ist und deshalb gibt es weniger Jobs und deshalb hat man ein höheres Risiko, dass man Mitarbeiter verliert, die vielleicht abgeworben werden, weil weniger Stellen offen sind, oder?
Björn Kastl:
Korrekt, ja und auf der anderen Seite natürlich mit dem, was du jetzt in den Nachrichten lesen kannst, also mit diesen doch sehr publikumswirksamen Entlassungen, die es in den größeren Industrien gerade gibt, ja auch mehr Menschen auf den Arbeitsmarkt kommen, was sich übrigens auf dem Arbeitsmarkt so noch gar nicht widerspiegelt. Und das ist aus meiner Sicht deswegen gefährlich, weil wir auf der anderen Seite, und ich glaube, das ist eine Situation, die wir zuvor in keiner einzigen Dekade jemals hatten, trotzdem noch weiterhin die Situation haben, dass wir durch demografischen Wandel jedes Jahr Mitarbeitende verlieren.
Thomas Kohler:
Die nicht mehr reingespült werden ins System.
Björn Kastl:
Die nicht mehr reingespült werden, absolut. Genau, weswegen Zuzug wichtig ist, Zuzug aber politisch zum Teil nicht gewollt ist. Insofern, ich glaube, da sind wir gerade in einer Situation, die halt sehr herausfordernd ist und die meisten Unternehmen befinden sich da irgendwo in der Mitte. Und ja, ich stelle schon fest, dass da an der einen oder anderen Stelle vielleicht der Zug auf dem, was man unter Employee Experience versteht, nicht mehr ganz so da ist.
Thomas Kohler:
In case you like my show, please subscribe, I would really appreciate it.
Was denkst du, müsste man denn als Rechtsstaat für Umstände schaffen, damit man den Arbeitsmarkt, ich würde sagen, nicht maximal entspannt, aber dass man Incentives schafft, dass der Arbeitsmarkt auf Hochtouren läuft und sehr gesund funktioniert in sich.
Björn Kastl:
Ich glaube es gibt ja verschiedene Stellhebel. Wir hatten jetzt gerade über das Thema Zuzug gesprochen. Vielleicht beginnen wir mal damit, Zuzug zu unterstützen. Ich glaube, viele der Initiativen, die die Bundesregierung in den vergangenen Jahren auf den Weg gebracht hat, sind noch nicht ganz so angekommen. Heute Morgen gerade gelesen, dass der Anteil der arbeitenden Menschen, die aus der Ukraine zu uns gezogen sind, weiterhin auf einem enorm niedrigen Stand, auch im Vergleich zu anderen europäischen Ländern ist. Da scheint es uns nicht gelungen zu sein, Integration auch in den Arbeitsmarkt vorzunehmen. Es gibt auf der anderen Seite übrigens auch sehr positive Entwicklungen, Bürokratie-Entlastungsthemen, die dazu führen, dass wir hoffentlich in Deutschland, wie jetzt in dieser Woche zu lesen, demnächst hoffentlich auch auf die Verschriftlichung mit einer tatsächlichen Unterschrift in WET auf Arbeitsverträgen verzichten können, was ganz großartig ist. Also das ist eine andere Geschichte.
Aber ich glaube, das sind so zwei Beispiele. Das nächste Beispiel ist sicherlich, dass ich in meinem Alltag auch immer mal wieder auf Menschen treffe, die sich in den Renteneintritt bewegen und die auch noch weiterhin arbeiten möchten. Da geht es gar nicht mal so sehr, nur einen Zugewinn in seiner Rente herzustellen, sondern zum größten Teil geht es ja auch Anerkennung und Wertschätzung. Und da haben wir auch gerade noch keine ordentlichen Mittel, die dazu führen, Menschen, auch nachdem sie aus ihrem Beschäftigungsleben offiziell ausgeschieden sind, weiterhin in dem Unternehmen zu belassen. Also da gibt es ein ganzes Strauß an Themen, aus meiner Sicht, die wir angehen müssen, auch die zukünftigen Bedarfe an Arbeitskräften auch weiterhin füllen zu können.
Thomas Kohler:
Da kann ich zumindest etwas, ich würde sagen, Aufgeschlossenes, Beruhigendes sagen. Ich war auf der Bits and Pretzels in München und da war auch der Robert Habeck da und dann wurden genau diese Themen besprochen, Warum wir uns es teilweise selber schwer machen und vielleicht auch in Deutschland uns eher ein bisschen auch als vielleicht Opfer nach außen hin platzieren. Automobilindustrie, da geht es jetzt schlecht und deshalb machen wir das alles nicht gut. Anstatt einfach aufgeschlossen positiv das auch zu kommunizieren und irgendwie dort jetzt Lösungen zu liefern. Und die Gespräche, die dort auf der Bühne stattgefunden haben, haben sich für mich sehr authentisch angefühlt für einen Politiker zum Beispiel, der vor Unternehmern gesprochen hat, dass der das genau so sieht, wie du es jetzt in einer gewissen Weise auch beschrieben hast. Und die Dinge, die gemacht werden müssten, die sind klar. Ich glaube, die Umsetzung ist nur nicht so einfach.
Ich merke es zum Beispiel auch: Deutschland-Österreich-Vergleich zum Beispiel. Wenn wir dort einen Mitarbeiter aus dem Ausland für einen Kunden integrieren, gibt es einen Rot-Weiß-Rot-Karten-Prozess, heißt der dort. Den kann man innerhalb von vier, sechs Wochen wirklich abschließen und dann ist die Person da. Und wenn man das jetzt vielleicht nochmal gegenüber einer Kündigungsfrist legt, kann das klappen parallel. Dass man jemandem ein Angebot macht, der vielleicht gerade einen Job hat und dann hat man eine monatige Kündigungsfrist und in der Zwischenzeit, wenn man weiß, wie die Behördenwege funktionieren und wenn man dort vielleicht auch das schon mal gemacht hat, kann man das schnell abwickeln. In Deutschland dauert es ja teilweise ein halbes Jahr und du weißt immer noch nicht, klappt das jetzt oder klappt das nicht. Also das war teilweise verrückt, was wir dort erlebt haben.
Ein zweites Beispiel: Ich habe ja verschiedene Firmenentities und in Österreich etwas aufzusetzen oder etwas zu verändern, da gehe ich in meine App, bin einmal identifiziert über die Behörde und kann alles digital ändern. In Deutschland habe ich ein Dokument gebraucht, das hätte ich entweder bekommen, wenn ich nach Bonn geflogen wäre, um dort vorort Hallo zu sagen, oder etwas auszudrucken und dann zum Beispiel jetzt in München notariell zu beglaubigen, wo sogar selbst der Notar gesagt hat, das ist eigentlich eine Frechheit. Wir machen das jetzt, aber sowas haben sie noch gar nicht erlebt, dass man für so eine Kleinigkeit einen Notar braucht. Da ging es um ein Dokument für die Arbeitnehmerüberlassungslizenz und so. Und da habe ich mir gedacht, das gibt es doch nicht, dass das wirklich Also da gab es auch die Anwälte, die haben gesagt, na, die einzige Lösung ist nach Bonn fliegen oder wir lassen das vom Notar teuer, kostet dann auch wieder ein Tausender, notariell beglaubigen. Sogar der Notar sagt, dass das eigentlich nicht existiert. Da habe ich mir gedacht, das gibt es doch nicht. Warum möchte man das so schwer machen? Das verstehe ich teilweise nicht.
Björn Kastl:
Ich glaube, das sind gewachsene Strukturen, wie es so häufig der Fall ist, Thomas, die dazu geführt haben, an einer Stelle zu stehen, an der wir jetzt gerade stehen und an der wir feststellen, dass es so nicht weitergehen kann. Und bislang ist es uns deswegen leicht gefallen, damit zu leben, also mit diesen alten Strukturen zu leben und mit einer Nicht-Digitalisierung in der Bürokratie zu leben, weil es uns wahrscheinlich auch noch zu gut gegangen ist. Jetzt sind wir gerade in einer Situation, wo wir händeringend nach auch neuen Möglichkeiten suchen, insbesondere auch junge Unternehmen, es zu vereinfachen, an den Markt zu gehen. Und da stellen wir dann fest, da haben wir in der Vergangenheit geschlafen. Insofern bleibt die Hoffnung, dass wir, wie Robert Habeck das ja jetzt, wie du zitiert hast, gerade auch auf der Veranstaltung Bits and Pretzels in München wiedergegeben hat, dass wir das als ein Momentum nutzen, uns zu verbessern. Aber das muss schnell passieren, weil wir uns insbesondere in Deutschland in einer enormen Strukturwandlungssituation befinden und weil eines der Grundpfeiler unserer Wirtschaft, unserer eigentlich Volkswirtschaft, wenn du das so willst, nämlich die Automobilindustrie gerade ein arges Problem ist, was sicherlich durch, ich meine heute wird wahrscheinlich darüber gesprochen, inwiefern Strafzölle gegenüber chinesischen Autobauern verhängt werden, was sicherlich einen Einfluss auf die Gegenseite haben wird. Dementsprechend wird es unseren Autobauern noch schwerer fallen, aller Wahrscheinlichkeit nach in China zu verkaufen. Aber ich möchte es gar nicht mal so sehr darauf beziehen.
Fakt ist, wir befinden uns in einer großen Umstrukturierungssituation. Eine Automobilindustrie steht enorm unter Stress, Eine Chemieindustrie steht enorm unter Stress. Das sind zwei wirklich große Industriebereiche in Deutschland. Was können wir da tun? Das eine ist, wir können dem nachtrauern, können versuchen durch Bezuschussungen, Subventionen, dieses vielleicht sogar schon tote Pferd weiterhin am Leben zu behalten oder wir setzen auf neue Industrien. Ich wäre eher in dem Bereich neue Industrien, weil ich nicht glaube, dass wir uns mit unseren alten Industrien langfristig gut durchsetzen können. Sicherlich was die Technologie anbelangt, nicht aber was die Fertigung anbelangt. Insofern müssen wir es packen, neue Unternehmen, neue Ideen so zu vereinfachen, also eine bürokratische Vereinfachung so sehr herzustellen, dass die Hürde so gering ist, dass der Markteintritt schnell vonstatten gehen kann. Also insofern bin ich natürlich ein großer Fan von dem, was Robert Habeck sagt, dem sicherlich aber in einer sich eher streitenden als wohlwollend gegenüberstehenden Koalition auch nicht so besonders leicht fällt, sich da durchzusetzen.
Thomas Kohler:
Und ich glaube, da muss man dran glauben und einfach sich durchsetzen, so lange bis man es halt erreicht hat. Und der Glaube, glaube ich, ist auch sehr wichtig und dass man das auch bestärkend kommuniziert, weil dann gibt es eine gewisse Aufschlussstimmung dem gegenüber, anstatt zu jammern. Das bringt ja nichts, oder?
Björn Kastl:
Korrekt. Ich bin da auch froh und mutig. Jetzt bin ich natürlich in einer Industrie zu Hause, die auch eine herausfordernde Zeit in der Vergangenheit hinter sich hat. Aber wir sind international tätig. Insofern haben wir gar nicht mal nur so den Blick auf unseren Heimatmarkt, in dem wir unsere Headquarter haben, sondern auch auf den ausländischen Markt. Das rettet uns in vielerlei Hinsicht gerade doch sehr und hilft uns auch, in der Verwaltung steil zu sein. In welcher Hinsicht? Naja, also in Deutschland, und ich glaube, das ist sogar fast eher eine kulturelle Herausforderung, in Deutschland hast du, ich glaube, du hattest es gerade auch schon angedeutet, eine relativ schnelle Richtung, sobald etwas nicht gut läuft, dass sofort alles ziemlich schlecht läuft. Also eine Stimmung verstärkt sogar noch die Situation.
Aus meiner Sicht eine Stimmung, die eine Situation verstärkt, führt auch übrigens dazu, dass die Situation wieder schlechter wird. Also letztlich hast du so einen Kreislauf, in dem wir uns gerade befinden und was du gerade auch schon angesprochen hast, manchmal ist es ja auch wert, auf die positiven Elemente zu schauen. Was will ich damit sagen? Die Kauflaune in Deutschland ist davon beeinflusst. Die ist nicht nur in unserem Bereich davon beeinflusst, sondern sie ist auch bei vielen anderen Händlern beeinflusst. Ist das immer nachvollziehbar von dem Standpunkt aussehend, wo das Geld im Zweifelsfall ist und wo Leute eigentlich eine Kauflaune sogar noch haben können, wenn es tatsächlich darum geht, sich das leisten zu können. Sicherlich nicht immer, aber das ist so ein bisschen wie an der Börse. Da geht es ja auch nicht nur darum, wer ist da der Leistungsstärkste und Wer bringt die meisten Innovationen vor und wer ist wirtschaftlich am erfolgreichsten, sondern da spielt ja auch in vielerlei Hinsicht eine Laune eine Rolle und sicherlich auch eine Zukunftsaussicht. Und solange wir es auch nicht hinbekommen, eine Zukunftsaussicht auch so zu malen, dass Menschen daran glauben, wird es uns sicherlich auch nicht gelingen, eine Kauflaune, auf diesen Punkt zurückzukommen, in Deutschland wieder besser zu sein.
Thomas Kohler:
Macht vollkommen Sinn. Und die Amerikaner, die sagen ja zu allem, yes, let’s do it. Also rein von dem, wie man auftritt.
Björn Kastl:
Absolut. Und wenn du den US-amerikanischen Markt ansprichst, der sich in unserem Geschäft als am stärksten entwickelt hat, also im Sinne dessen, dass der US-amerikanische Markt für uns der größte Wachstumsmarkt ist, in den letzten Monaten war, sicherlich auch noch in der Zukunft sein wird. Wir wissen ja alle, die USA hat jetzt auch in der Vergangenheit nicht immer die großesten Zahlen, was ihre Wirtschaftsleistung anbelangt, abgeliefert. Mit ganz vielen Fragezeichen sicherlich auch. Aber es ist eine Can-Do-Mentality und für die würde ich mich wirklich sehr freuen, wenn wir die Can-Do-Mentality in Mitteleuropa, in Deutschland auch entwickeln könnten.
Thomas Kohler:
Und rein vom Hiring, wie unterscheidet sich da für euch der deutsche Markt gegenüber dem amerikanischen Markt?
Björn Kastl:
Der amerikanische Markt ist insofern aufgeschlossen, als er wesentlich deregulierter ist. Ich glaube, das wissen wir alle. Es gibt also auf dem Markt wenige Hürden, Menschen einzustellen.
Thomas Kohler:
Zum Beispiel Kündigungsfristen, oder?
Björn Kastl:
Zum Beispiel auch Kündigungsfristen. Wobei ich glaube, eines darf man nicht vergessen, selbst in den USA ist es natürlich so, aus Deutschland sagt man da ganz gerne, dass das eine High-and-Fire-Mentality ist. Da ist es definitiv nicht. Also Menschen wissen schon sehr wohl, wo ihre Werte liegen und wo sie sich auch anstellen lassen. Und selbst wenn es auf der schriftlichen Seite so ist, dass man sich relativ schnell voneinander lösen kann, ist es im Alltag ja auch nicht immer der Fall.
Thomas Kohler:
Welche Fristen habt ihr da so im Vergleich zu Deutschland?
Björn Kastl:
Das sind wenige Wochen.
Thomas Kohler:
In Deutschland teilweise drei Monate, oder?
Björn Kastl:
Absolut, genau. Wobei natürlich muss man mit dazu sagen, die Kündigungsfristen, die in Deutschland bestehen, ja nicht immer nur der gesetzlichen Frist entsprechen, sondern auch dort hat sich ja in der Vergangenheit etwas entwickelt, was ich übrigens auch interessant finde, nämlich, dass von den Kündigungsfristen, die gesetzlich vorhanden ist, meistens zu längeren Laufzeiten hin abgewichen wird. Warum ist das so? Dahinter steht eine Idee, die ich bisweilen sehr zweifelhaft finde, nämlich die Idee, die heißt, dass ich durch eine Kündigungsfrist im Falle einer Trennung länger voneinander profitieren kann. Und das wiederum glaube ich nicht. Also nach meiner Erfahrung ist es so, machst du mit jemandem eine längere Kündigungsfrist aus und hast dann im Hintergrund den Gedanken, diese Person ist dann aber auch noch länger in einer vollen Aktivität für dich tätig, selbst dann, wenn die Person schon gekündigt hat, dann ist das nicht immer der Fall. Also da steht, das ist auch ein ganz interessanter Aspekt, der sich eher in den letzten Jahren eingeräumt hat, weil ich kann mich daran erinnern, dass diese Kündigungsfristen von drei Monaten plus in der Vergangenheit eher dem mittleren bis hohen Management vorbehalten waren. Und die sehe ich in meiner Praxis und bin ja auch noch außerhalb von Maltheresa eher noch beratend tätig, da sehe ich die auch tatsächlich ganz häufig, dass das sogar noch in den unteren Bereichen mittlerweile Einfluss gefunden hat. Das finde ich interessant, weil dann müssen wir uns eigentlich auch gar nicht darüber beschweren, dass es so lange Kündigungsfristen gibt und dass die uns auf der anderen Seite vielleicht bisweilen lähmen. Aber wir haben sie uns ja zum Teil sogar selbst zuzuschreiben.
Thomas Kohler:
Und was sind weitere Faktoren, die jetzt Deutschland und Österreich für euch unterscheiden?
Björn Kastl:
Deutschland und Österreich?
Thomas Kohler:
Im Arbeitsmarkt. Sorry, Deutschland und USA.
Björn Kastl:
Ja, genau. Der US-amerikanische Arbeitsmarkt, den ich so feststelle, ist, dass Menschen zum größten Teil mobiler sind. Ich glaube, das kommt auch durch die Größe des Landes zustande. Also uns gelingt es auch in den USA immer mal wieder Menschen für uns zu begeistern, auch in einen anderen Bundesstaat oder ein anderes Land oder eine andere Stadt zu ziehen, die von weit her kommen. Das fühlt sich in Deutschland und wahrscheinlich dürfte dasselbe auch für Österreich gelten. Habe ich zumindest jetzt gerade gelernt, als ich in Wien war und mich dort mit Wiener Unternehmern unterhalten habe, habe ich festgestellt, da haben wir, glaube ich, das gleiche Problem. Die Mobilität ist da eher eingeschränkt worden. Und ich glaube, das hat einfach einen Aspekt, der in der Größe der jeweiligen Länder liegt Und sicherlich auch damit zu tun hat, dass es da keine Notwendigkeit in der Vergangenheit gab, längere Strecken zurückzulegen für einen Arbeitsplatz.
Thomas Kohler:
In case you have any feedback or anything you want to share with me, please send me an email on thomas@pplwise.com or hit me up on LinkedIn. And in case you really enjoyed the show, please subscribe. I would really appreciate it.
Und wenn du jetzt in die Zukunft schaust, wie denkst du, wird sich jetzt der Arbeitsmarkt entwickeln in den nächsten, sagen wir mal zwei Jahren bis 2026, 2027?
Björn Kastl:
Quantitativ gesehen werden wir in den nächsten Monaten, im nächsten Jahr, vielleicht auch noch in den darauffolgenden Jahren eine Zunahme an freien Mitarbeitenden feststellen, bedingt durch den schon angesprochenen Strukturwandel. Das ist eine reine quantitative Zahl. Das heißt, ich bin der festen Überzeugung, dass die meisten der angesprochenen Industrien, insbesondere Automobilbranche und Chemiebranche, eher Mitarbeitende freisetzen werden, die dann auf den Markt kommen. Dementsprechend stellt sich auch da wieder quantitativ erst mal eine kleine Entspannung auf dem Arbeitsmarkt dar. Das kennen wir alle, die wirtschaftlichen Ups und Downs. Insofern, irgendwann werden wir auch wieder in ein Abkommen, da bin ich der festen Überzeugung. Und dann werden wir bei einer vollen Herausforderung reinlaufen, weil wir die vormals vorhandenen Arbeitskräfte wieder voll einsetzen werden. Aber davon werden es nur noch wenige geben aufgrund des demografischen Wandels.
Und vorhin auch schon angesprochen, die Frage ja auch noch offen bleibt, inwiefern wir auch weiterhin noch in der Lage sein werden, wie errechnet, 400.000 Menschen zu begeistern, ins Land zu ziehen jedes Jahr als Netto-Zuzug. Ob uns das gelingen wird, von dem politischen Hintergrund bleibt abzuwarten. Aber insofern, zusammengefasst, kurze Entspannung quantitativ auf dem Arbeitsmarkt im Jahr 2025, vielleicht noch im Jahr 2026. Im Jahr 2027 fortwährend werden wir ein richtiges Problem vor uns wiederfinden, weil wir dann das, was wir nach der Corona-Krise schon mal gesehen haben, nämlich dieses urdemografische Wandel, ist ja dann doch nicht nur ein wissenschaftlicher Artikel, sondern auch Praxis, werden wir dann noch viel mehr sehen.
Thomas Kohler:
Danke Björn, das war ein super, ich würde sagen, letztes Wort. Hat mich sehr gefreut, mit dir wieder zu sprechen.
Björn Kastl:
Dankeschön Thomas, hat mir Spaß gemacht bei dir zu sein.